§ 31 BtMG – Sinnvoll oder nicht?

Ob von der Möglichkeit einer Aussage im Hinblick auf § 31 BtMG (Kronzeugenregelung oder auch “Judas-Paragraph” genannt) Gebrauch gemacht werden sollte, muss im Einzelfall mit dem Strafverteidiger geprüft werden.
Die Regelung des § 31 BtMG ermöglicht es dem Gericht, die Strafe im Sinne des § 49 Abs. 2 StGB zu mildern oder in den Fällen des § 29 Abs. 1,2, 4 oder 6 BtMG von einer Bestrafung abzusehen. Eine solch starke Strafmilderungsmöglichkeit gibt es nur über den § 31 BtMG.
Die Abwägung:
Bei einer Aussage besteht aber auf der einen Seite immer die Gefahr, dass mehr eingestanden wird als Gegenstand des Verfahrens ist und dadurch die Strafe sogar höher ausfällt als ohne Geständnis. Ebenfalls kommt es nicht selten vor, dass sich die Personen – gegen die man ausgesagt hat – dadurch „revanchieren“, dass sie nunmehr gegen den „Verräter“ selbst aussagen.
Auf der anderen Seite kann aber ein Aussage im Rahmen des § 31 BtMG zu einer Verschiebung des Strafrahmens (§ 31 BtMG iVm § 49 StGB) kommen.
Die Möglichkeit, dadurch als bereits die Strafandrohung (Strafrahmen) zu reduzieren und auf eine deutlich geringere Strafe hinzuwirken gibt es nach Abschluss des Ermittlungsverfahrens in dieser Form nicht mehr.
Auch durch ein späteres Geständnis kann dies nicht mehr erreicht werden. Denn ein Geständnis spielt bei der Strafzumessung bzw. Strafmilderung durch ein Geständnis eine Rolle, nicht bei dem Strafrahmen, also der gesetzlichen Strafandrohung oder Mindeststrafe für eine Tat.
So kann also an Stelle einer an und für sich geltenden Mindeststrafe von beispielsweise zwei Jahren (über einer Freiheitsstrafe von 2 Jahren ist eine Bewährung von vorneherein nicht mehr möglich) wie bei § 30 I Nr. 4 BtMG (unerlaubte Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge) auf eine Mindeststrafe von 6 Monaten herabgesetzt werden (§ 49 I Nr. 3 StGB, sog. Strafrahmenverschiebung). Dies ist dann bei Anwendung des § 31 BtMG bereits eine ganz andere Ausgangslage für die Frage der individuellen Strafe.
Somit kann eine frühe Aussage im Betäubungsmittelstrafrecht in manchen Fällen sinnvoll sein, damit nicht „den Letzten die Hunde beißen” und der zu lange Schweigende dann die höchste Strafe bekommt.
Dies alles muss sorgsam abgewägt werden, was erst nach Akteneinsicht möglich ist.
Wie immer gilt:
- Ruhe bewahren
- Schweigen – machen Sie keinesfalls Angaben. Berufen Sie sich auf Ihr Aussageverweigerungsrecht.
- Rufen sie einen auf Betäubungsmittel spezialisierten Strafverteidiger.
- Nach Akteneinsicht wird beraten, wie es weiter geht.
Welche Angaben muss ich im Rahmen des § 31 BtMG machen?
Nach § 31 Nr. 1 BtMG muss der Beschuldigte durch freiwillige Offenbarung seines Wissens wesentlich dazu beigetragen haben, dass die Tat über seinen eigenen Tatbeitrag hinaus aufgedeckt werden konnte.
Eine Offenbarung liegt aber erst dann vor, wenn der Beschuldigte die Beteiligung an der Tat zutreffend schildert, insbesondere wenn er weitere den Ermittlungsbehörden bis dato unbekannten Personen wie Hintermänner, Lieferanten oder Abnehmer benennt, deren Taten sich aber in ungefähr gleicher Größenordnung bewegen sollten, wie die dem Beschuldigten selbst zur Last gelegten Tat.
Auf gut Deutsch muss man also weitere Personen der Polizei “ans Messer liefern”, daher auch der Name “Judas-Paragraf”.
Ebenso liegt eine Offenbarung in diesem Sinne vor, wenn der Beschuldigte nur einen Gehilfen benennt oder die Verhaftung bereits bekannter Mittäter ermöglicht, also einen Fahndungserfolg ermöglicht. Die Begründung eines Verdachts und die damit verbundene Schaffung einer Aufklärungsmöglichkeit reicht dabei aber nicht aus.
Ein Nachteil bei dem Ganzen ist jedoch die Voraussetzung, dass es aufgrund der Aussagen des Beschuldigten auch zu einem Aufklärungserfolg gekommen sein muss. Es reicht also nicht aus, dass der Beschuldigte unbewiesen Personen benennt, die als Mittäter in Frage kommen.
Im Übrigen ist es nicht notwendig, dass der Beschuldigte sein gesamtes Wissen Preis gibt.
Es ist vielmehr ausreichend, dass der Beschuldigte einen wesentlichen Beitrag zur Aufklärung der Tat leistet und diese Erklärungen über seinen eigenen Tatbeitrag hinaus gehen.
Dies unterscheidet die Regelung des § 31 Nr. 1 BtMG vom klassischen Geständnis, welches nur allgemein strafmildernd zu berücksichtigen ist.