Der Erbprozess

1. Erbrechtliche Verfahren sind sehr unterschiedlich

Abhängig von der Art des Anspruchs, ob also zum Beispiel Auskunft verlangt, Zahlung beansprucht, Herausgabe begehrt, die Erbenstellung festgestellt oder Schadensersatz geltend gemacht werden muss, ist auch der Prozess entsprechend zu gestalten.

Für erbrechtliche Ansprüche sind grundsätzlich die ordentlichen Gerichte zuständig, abhängig vom Gegenstandswert also das örtlich zuständige Amt- oder Lansgericht.

Das streitige erbrechtliche Verfahren – der Erbprozess – ist dabei nicht mit den Verfahren vor den bei den Amtsgerichten verorteten Nachlassgerichten zu verwechseln. Bei diesen, z.B. dem Erbscheinsverfahren, handelt es sich um Amtsermittlungsverfahren, bei denen die Partizipanten keine Parteien auf Kläger- und Beklagtenseite sind, sondern „nur“ Beteiligte ohne Gegenseitigkeitsverhältnis. So wird im Erbscheinsverfahren jedoch auch nicht abschließend die Erbenstellung festgestellt. Bestehen an dieser Zweifel, besteht jedoch die Möglichkeit durch eine Erbenfestellungsklge vor den ordentlichen Gerichten, diese feststellen zu lassen.

2. Die Klage auf Auskunft

Das deutsche Erbrecht kennt eine Vielzahl von unterschiedlichen Auskunftsansprüchen mit verschiedensten Anspruchsinhabern und Anspruchgegnern – z.B. dem Pflichtteilsberechtigten gegenüber dem Erbenoder dem Erben gegenüber dem Testamentsvollstrecker -.

Die Auskunft dient jeweils dazu, einen Einblick in noch verborgene Inhalte des Nachlasses zur Bestimmung etwaiger weiterer Ansprüche zu erlangen.

Erteilt beispielsweise ein Erbe einem Pflichtteilsberechtigten außergerichtlich nicht Auskunft gem. §§ 2314, 2325, 260 BGB, kann der Pflichtteilsberechtigte seinen Anspruch klagweise durchsetzen. Das Gericht prüft dann das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen – Kläger ist pflichtteilsberechtigt; Beklagter ist Erbe; Erbe hat Pflichtteilsberechtigtem außergerichtlich trotz Aufforderung nicht (vollständig) Auskunft erteilt – und verurteilt den Erben zur Auskunft.

Mit dem Urteil steht dem Pflichtteilsberechtigten ein vollstreckungsfähiger Titel zur verfügung, mit dem er den Erben bei fortdauernder Nichtauskunft im Wege der Zwangsvollstreckung zur Auskunft zwingen kann.

Meist kommt es jedoch bereits während des Erbprozesses zu einer (teilweisen) Auskunftserteilung.

So erhält der Pflichtteilsberechtigte endlich den ihm zustehenden Einblick in den Bestand des Nachlasses, um seinen eventuellen Anspruch beziffern zu können. Wichtig ist in einem solchen Fall, dass der Rechtsstreit im Umfang der innerprozessual erteilten Auskunft für erledigt erklärt wird, um nicht in eine Prozesskostenfalle zu laufen.

3. Die Stufenklage

Die Stufenklage ermöglicht die Klage auf Auskunft, eidesstattliche Versicherung der Auskunft und Zahlung des sich aus der Auskunft ergebenden Betrages in einer Klage mit drei Stufen.

Dies ist prozessökonomisch sinnvoll, wenn es von vorn herein hinreichend wahrscheinlich ist, dass ein Zahlungsanspruch dem Grunde nach besteht. Mehrfaches Klagen erübrigt sich dann. Jede Stufe muss im Laufe des Prozesses einzeln beantragt werden.

Auf der ersten Stufe, der Auskunftsstufe, befindet das Gericht über die Auskunft wie oben unter 2. dargestellt.

Auf der zweiten Stufe wird beantragt, dass der Auskunftspflichtige seine Auskunft der ersten Stufe an Eides statt zu versichern hat. Dies ist dann sinnvoll, wenn es Anhaltspunkte dafür gibt, dass die Auskunft nicht mit der erforderlichen Sorgfalt oder in dem erforderlichen Umfang erteilt worden ist. Durch eine falsche Versicherung würde sich der Auskunftsverpflichtete strafbar machen. Die Stufe dient also zur Sicherstellung der Richtigkeit der erteilten Auskunft.

Auf der dritten Stufe wird die Zahlung des korrespondierenden Anspruchs beantragt, nachdem der Zahlungsbetrag anhand der mit der Auskunft erteilten Informationen berechnet werden kann. Als Beweismittel dient nun auch die eidesstattliche Versicherung der zweiten Stufe.

4. Die Herausgabeklage

Zuweilen ist es auch notwendig, Herausgabeansprüche mit gerichtlicher Hilfe durchzusetzen.

So räumt das Gesetz dem Erben in § 2018 BGB einen Herausgabeanspruch gegen denjenigen ein, der etwas aus dem Nachlassaufgrund eines ihm in Wirklichkleit nicht zustehenden Erbrechts erlangt hat. Zum Gewinnen im Herausgabeklagverfahren ist es erforderlich, dass der Erbe sein Erbrecht schlüssig darlegt, es im Bestreitensfalle nachweist und ebenfalls vortragen und nachweisen kann, dass der Beklagte Besitzer eines zum Nachlass gehörden Vermögenswertes ist, welchen er aufgrund eines vermeintlichen Erbrechts erlangt hat.

Grundsätzlich stehen den Erben aufgrund der Gesamtrechtsnachfolge (Universalsukzession) daneben auch all die Herausgabeansprüche zu, die auch dem Erblasser zu dessen Lebzeiten zugestanden haben.

5. Der Erbprätendentenstreit

Wie erwähnt, wird in einem Erbscheinverfahren die Erbenstellung nicht abschließend festgestellt.

Gibt es Anhaltspunkte dafür, dass das Nachlassgericht einen falschen Erbschein ausgestellt hat, der Erbschein also gar nicht die tatsächlichen Erben mit ihren richtigen Anteilen am Nachlass ausweist, besteht die Möglichkeit, die Erbeneigenschaft des Klägers, der im Erbschein nicht oder mit falschem Anteil am Nachlass ausgewiesen ist, in einem Erbprätendentenstreit mittels einer Erbenfeststellungklage feststellen zu lassen. Zuweilen geht der Erbprätendentenstreit mit einer Anfechtung des jeweiligen Testaments einher, auf das sich das Nachlassgericht bei der Erteilung des Erbscheins gestützt hat.