Anklageschrift erhalten – was tun?

Haben Sie bereits eine Anklageschrift erhalten, so wird ein Gerichtstermin (Hauptverhandlung) stattfinden, zu welchem Sie erscheinen müssen. Sollten Sie nicht kommen, so kann das Gericht Sie polizeilich vorführen lassen und / oder einen sog., Vorführungshaftbefehl zur nächsten Verhandlung erlassen.

Sie sollten deswegen sofort einen Verteidiger aufsuchen, so dass umgehend Akteneinsicht beantragt und für die Hauptverhandlung noch entlastende Beweisanträge gestellt werden können. Erforderlichenfalls kann zur Vorbereitung der Verteidigung der Gerichtstermin verschoben werden um genügend Zeit zu haben, die Ermittlungsakte zu studieren, weitere Anträge vorzubereiten, Beweiserhebungen zu veranlassen und die Verteidigungsstrategie zu entwickeln.

Somit ist es nicht zu spät, das Ruder noch herumzureißen.

Bei der Anklage handelt es sich im Weiteren Sinne um eine Prognoseentscheidung bei vorläufiger Sachverhaltsbewertung, § 170 I StPO.

Die Anlage für sich sagt nichts darüber aus, wie gründlich gegen den Beschuldigten ermittelt worden ist und ob es im Rahmen der Gerichtsverhandlung zu einer Verurteilung oder dem von der Staatsanwaltschaft angestrebten Ergebnis kommen wird.

Dies ist der Hauptverhandlung und der Beweisaufnahme vorbehalten.

Es enden gut 20% aller Anklagen gerade nicht mit einer Verurteilung und in vielen Fällen ändert sich auch die rechtliche Würdigung (an Stelle der angeklagten gefährlichen Körperverletzung nur eine einfache Körperverletzung, usw.)

Grober Ablauf der Hauptverhandlung:

Zu Beginn des Verfahrens werden Sie zu Ihrer Person befragt und müssen dazu auch Angaben machen.

Im weiteren wird von der Staatsanwaltschaft die Anklageschrift verlesen.

Dann erhalten Sie Gelegenheit zur Stellungnahme. Auch in der Hauptverhandlung müssen Sie keine Angaben zur Sache machen und können weiterhin von Ihrem Recht zu Schweigen Gebrauch machen.

Ob und in wie weit das dann zu diesem Zeitpunkt sinnvoll ist, wird Ihnen Ihr Verteidiger sagen.

Danach werden die Beweise erhoben, also die  Zeugen und Polizeibeamten vernommen und die weiteren Beweismittel in den Prozess eingeführt.

Ihr Verteidiger kann zu diesem Zeitpunkt, sollten die Voraussetzungen vorliegen, gegebenenfalls auf eine Verfahrenseinstellung hinwirken, sollte die Beweisaufnahme Zweifel an der Täterschaft oder an einer Verurteilung ergeben. Alternativ kann selbstverständlich auch auf einen Freispruch hingewirkt werden.

Ihr Verteidiger wird Ihnen aber in einer solchen Situation den besseren Weg aufzeigen.

Nach dem Ende der Beweisaufnahme wird dann der Staatsanwalt in seinem Plädoyer beantragen, wie Sie zu bestrafen sind.

Nach dem Plädoyer der Staatsanwaltschaft ist das Plädoyer des Verteidigers zwingend an der Reihe, in welchem Ihr Verteidiger sich für Sie einsetzen wird – sonst macht es in dem Verfahren keiner.

Danach erhalten Sie Angeklagter das “letzte Wort”.

Praxistipp: Auch dabei ist genau darauf zu achten, was Sie sagen. Dies sollte zuvor mit Ihrem Verteidiger besprochen werden.

Danach wird sich das Gericht zu einer Urteilsfindung  zurückziehen und im weiteren idR sofort das Urteil verkünden.

Es ist unbedingt ratsam, sich in einem Strafprozess verteidigen zu lassen, damit  ihrer Rechte gewahrt werden und Ihr Verteidiger sich für Sie einsetzt

Ohne einen Verteidiger wären Sie alleine vor dem Richter und dem Staatsanwalt und müssten den Strafprozess alleine durchstehen.

Dies ist sicherlich, auch vor allem vor dem Hintergrund, dass Sie  die ganze juristische Vorgehensweise und das Prozessrecht nicht kennen, nicht ratsam.